Deutsche horten immer höhere Summen auf Tages- und Festgeldkonten – trotz Minizinsen. Eine Analyse der FMH Finanzberatung für das Handelsblatt zeigt besonders gute Konditionen auf.
Julia Groth
09.01.2020 – 10:24 Uhr
Köln Die Deutschen konnten im vergangenen Jahr ihren Wohlstand kräftig mehren. Das Geldvermögen der privaten Haushalte stieg 2019 um rund 441 Milliarden Euro auf 6,6 Billionen Euro, berichtet die genossenschaftliche DZ Bank. Zu verdanken war das, neben den gestiegenen Aktienkursen, der Sparwut der Bundesbürger.
„Trotz extrem niedriger Zinsen lassen sich die Bürger bei ihren Sparbemühungen nicht entmutigen“, schreibt Michael Stappel, Ökonom der DZ Bank, in einem aktuellen Bericht. In den ersten drei Quartalen des abgelaufenen Jahres legten die Deutschen im Schnitt 11,4 Prozent ihres verfügbaren Einkommens auf die hohe Kante. Auf Jahressicht dürfte die Sparquote bei rund elf Prozent gelegen haben. Damit habe sie sich nach fünf Jahren eines kontinuierlichen Anstiegs auf einem hohen Niveau stabilisiert, so Stappel.
Gut ein Viertel des gesamten privaten Geldvermögens der Deutschen steckt laut DZ Bank in Sichteinlagen. Wer sein Geld auf dem Giro- oder Tagesgeldkonto parkt, kann zwar mit den Zinsen nicht einmal die Inflation ausgleichen. Die lag im vergangenen Jahr bei 1,4 Prozent – in Deutschland zahlt jedoch längst keine Bank mehr Zinsen in dieser Höhe auf Sichteinlagen. Umso genauer müssen Anleger hinschauen, wenn sie weiter auf Sparkonten setzen.
Man müsse akzeptieren, dass die Deutschen trotz der schleichenden Geldentwertung immer weiter sparen, sagt Max Herbst, Chef der Frankfurter Finanzberatung FMH. „Viele Menschen trauen den Alternativen zu klassischen Sparprodukten nicht, weil sie am Finanzmarkt schlechte Erfahrungen gemacht haben.“
Wo aber finden Sparer die besten Angebote? Herbst hat für das Handelsblatt Tagesgeldangebote von 48 Banken sowie Festgeldangebote von 97 Instituten analysiert. Denn auch wenn Sparer sich im Zinstief eingerichtet haben: Mit null Prozent aufs Tages- oder Festgeld muss sich niemand zufriedengeben.
Der Zinsexperte achtet vor allem darauf, wo es im vergangenen Jahr besonders häufig die höchsten Zinsen gab. „Wenn eine Bank im vergangenen Jahr oft in den Top drei stand, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie auch im laufenden Jahr vergleichsweise hohe Zinsen zahlt“, erklärt er.
“Renault Bank direkt” liegt häufig vorn
Herbsts Auswertung der Tagesgeldangebote zeigt: Für Neukunden bot die Renault Bank direkt im Jahr 2019 besonders oft die besten Konditionen. Sie stand in 30 von 51 Wochen auf Platz eins, den Rest des Jahres auf Platz zwei oder drei. Aktuell bekommen Neukunden bei dem Institut, das zum gleichnamigen französischen Autohersteller gehört, für tausend Euro 0,45 Prozent Zinsen.
Auf Platz zwei folgt Rabo Direct. Der Ableger der niederländischen Rabobank stand im vergangenen Jahr 46 Wochen in den Top drei, davon in 19 Wochen sogar auf Platz eins. Momentan gibt es dort für Neukunden 0,3 Prozent.
Die Renault Bank und Rabo Direct unterliegen der gesetzlichen Einlagensicherung. Die gesetzliche Einlagensicherung in Deutschland schützt Spareinlagen im Fall einer Bankpleite bis zu einer Höhe von 100.000 Euro. Viele Banken sind zusätzlich Mitglied in einem freiwilligen Einlagensicherungssystem wie dem Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands Öffentlicher Banken Deutschlands, wo Einlagen teilweise deutlich höher abgesichert sind. In diesem Fall spricht man von erweiterter Einlagensicherung.
Unter den Instituten mit erweiterter deutscher Einlagensicherung boten die aus der Türkei kommende Akbank und die ING mit Wurzeln in den Niederlanden im vergangenen Jahr besonders häufig die besten Konditionen für Tagesgeld-Neukunden. Derzeit zahlen sie 0,31 beziehungsweise 0,25 Prozent Zinsen.
Bei den Banken, zu deren Angeboten Verbraucher über Vermittler wie Weltsparen oder Zinspilot gelangen, stehen die Ableger der schwedischen Institute Hoist Finance und Resurs Bank an der Spitze. Sie bieten Neukunden momentan 0,4 beziehungsweise 0,35 Prozent Zinsen aufs Tagesgeld.
Wechselwillige Sparer sollten allerdings darauf achten, dass auch die Zinsen für Bestandskunden am oberen Ende der Skala liegen. Wie rasch man vom Neu- zum Bestandskunden wird, variiert je nach Bank. Mitunter wechseln Kunden den Status schon nach wenigen Wochen. „Bei der Renault Bank ist man nach drei Monaten Bestandskunde, bei ING nach vier, bei Barclay nach zwölf Monaten“, sagt Herbst.
Bei den Topanbietern des vergangenen Jahres waren Verbraucher meist auch als Bestandskunden gut aufgehoben. Mit einer Ausnahme: Während Neulinge bei der ING immerhin 0,25 Prozent Zinsen aufs Tagesgeld bekommen, gibt es dort für Bestandskunden nur noch 0,001 Prozent pro Jahr.
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