Wer ein Wertpapierdepot eröffnen will, findet im Internet günstige Angebote. Die Gebühren unterscheiden sich allerdings erheblich.
Köln. Seit man Zinsen für Sparbücher mit dem Mikroskop suchen muss, gehen auch die vorsichtigen Deutschen etwas höhere Risiken ein, um wenigstens ein bisschen Rendite zu erzielen. Im vergangenen Jahr besaßen rund zehn Millionen Bundesbürger Aktien oder entsprechende Fondsanteile, berichtet das Deutsche Aktieninstitut (DAI). Das waren eine Million mehr als 2016 und zugleich so viele wie seit zehn Jahren nicht mehr.
Wichtig für den Anlageerfolg sind aber auch die Kosten. Und da gibt es nach einer Untersuchung des Frankfurter Finanzdienstes FMH-Finanzberatung für das Handelsblatt große Unterschiede.
Onlinebroker sind gegenüber Banken „fast immer die bessere Alternative“, sagt Niels Nauhauser, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Sie bieten oft ein breiteres Sortiment an Produkten, darunter auch die preisgünstigen börsengehandelten Indexfonds (ETFs). Banken verkaufen dagegen lieber hauseigene Produkte, an deren Vertrieb sie via Provisionen mitverdienten, wie Nauhauser erklärt.
Zwar bieten Onlinebroker im Gegensatz zu Banken in der Regel keine Beratung an. Das ist nach Meinung von Nauhauser aber kein Minuspunkt. Er ist überzeugt: „Bei der klassischen Bankberatung stehen schließlich die Vertriebsinteressen der Bank im Mittelpunkt, nicht die Interessen der Anleger.“ Immerhin müssen Anleger, die online handeln, sich aber selber wenigstens ein gewisses Basiswissen über die verschiedenen Wertpapier- und Fondsarten aneignen.
FMH hat die Konditionen von 16 Onlinebrokern untersucht. Nur bei einem einzigen dieser Anbieter fallen Depotgebühren an: bei der Netbank, einer Marke der Augsburger Aktienbank – und auch dort nur, wenn Kunden weniger als acht Transaktionen pro Jahr vornehmen. Die Postbank, die im vergangenen Jahr noch Geld für die Depotführung genommen hat, verzichtet mittlerweile darauf.
Auf die Orderpreise kommt es an
Da für die Depots bei den allermeisten Brokern keine Grundgebühren anfallen, kommt es für Anleger entscheidend auf die Preise für die Orders für den Handel von Wertpapieren an. Auch diese sind bei Onlinebrokern üblicherweise niedriger als bei Filialbanken oder Sparkassen. Vor allem Anleger, die viel handeln, sollten hier genau hinschauen.
Daneben rät FMH-Expertin Sigrid Herbst, „die Serviceangebote der einzelnen Onlinebroker und ihre Nutzeroberflächen“ anzusehen. Je nach Kundenpräferenz könnten beispielsweise auch das Sparplanangebot oder die Konditionen für den Auslandshandel eine Rolle bei der Entscheidung für oder gegen einen Onlinebroker spielen.
Anleger können beim Wertpapierkauf über Onlinebroker zwischen zwei Handelswegen wählen: Der erste ist Xetra, das Handelssystem der Deutschen Börse. Dort findet der Großteil des deutschen Aktienhandels statt. Daneben führt FMH auch die Ordergebühren für den außerbörslichen Handel auf.
Beide Wege haben Vor- und Nachteile. So fallen beim Xetra-Handel Börsengebühren an, die in die Ordergebühren der Onlinebroker einfließen. Beim außerbörslichen Handel liegen die Transaktionskosten üblicherweise etwas niedriger. Dafür kann die Geld-Brief-Spanne, die Differenz zwischen An- und Verkaufskurs eines Wertpapiers, etwas größer sein. „Wir raten eher zum Handel über die Börse, weil er transparenter ist als der außerbörsliche Handel“, sagt Verbraucherschützer Nauhauser.
Um konkret Kosten zu vergleichen, hat FMH einige typische Fälle konstruiert. Der erste Musterkunde ist ein konservativer vermögender Anleger mit durchschnittlich 120. 000 Euro im Depot. Er platziert sechs Orders pro Jahr, mit einem durchschnittlichen Volumen von jeweils 10.000 Euro. Beim Handel über Xetra ist der niederländische Broker DeGiro für diesen Kunden mit Abstand der günstigste Anbieter. Pro Order werden dort nur 2,80 Euro fällig. Auf das Jahr gerechnet zahlt der Kunde also 16,80 Euro.
Handelsblatt-Test Onlinebroker
Die zweitplatzierte Onvista Bank nimmt pro Xetra-Order 6,50 Euro. Die jährlichen Gesamtkosten belaufen sich damit auf 39 Euro. Auf dem letzten Platz steht die Direktbank ING-Diba. Dort werden pro Order 31,65 Euro fällig. Die jährlichen Gesamtkosten belaufen sich hier auf 189,90 Euro – das ist mehr als zehnmal so viel wie beim Erstplatzierten.
Handelt der vermögende Musterkunde Wertpapiere außerhalb der Börse, bekommt er beim deutschen Broker Flatex die besten Konditionen. Dieser verlangt pro Order 5,90 Euro, bei sechs Orders pro Jahr werden so 35,40 Euro fällig. Wer auch Geld auf dem Verrechnungskonto parken will, sollte allerdings trotz niedriger Ordergebühren Abstand nehmen von Flatex: Der Broker erhebt seit vergangenem Jahr Strafzinsen für Guthaben, die auf Verrechnungskonten liegen.
Am zweitbesten schneidet beim außerbörslichen Handel wieder die Onvista Bank ab. Ebenso wie beim Handel über Xetra nimmt sie 6,50 Euro Gebühr pro Order, die jährlichen Gesamtkosten belaufen sich also auch hier auf 39 Euro. Das Schlusslicht bildet die Consorsbank, die pro Transaktion 29,95 Euro verlangt. Die Gesamtkosten des Musterkunden belaufen sich somit bei der Tochter der französischen Bank BNP Paribas auf satte 179,70 Euro pro Jahr.
Musterkunde ist der aktive Kleinanleger
Der zweite FMH-Musterkunde ist ein aktiver Kleinanleger. Er platziert pro Jahr 18 Orders mit durchschnittlichem Volumen von je 2 500 Euro. Sein Depotwert beträgt 35 000 Euro. Beim Xetra-Handel hat hier wieder der niederländische Anbieter DeGiro die Nase vorn mit einer Ordergebühr von 2,20 Euro. Aufs Jahr gerechnet werden so 39,60 Euro fällig. Den letzten Platz im Vergleichsfeld belegt Wüstenrot direct mit 11,40 Euro je Xetra-Order. Die jährlichen Orderkosten betragen dort 205,20 Euro.
Beim außerbörslichen Handel bietet Flatex dem handelsfreudigen Kleinanleger die günstigsten Konditionen im Test. Pro Order werden 5,90 Euro fällig, das macht 106,20 pro Jahr. Am schlechtesten schnitten hier die Commerzbank-Tochter Comdirect und die ING-Diba ab: Bei beiden Anbietern zahlt der Musterkunde 11,15 Euro je außerbörslicher Order. Aufs Jahr gesehen macht das 200,70 Euro.
Beim Vergleich der Tabellen fällt auf, dass manche Broker je nach Ordergröße deutlich unterschiedliche Preise pro Order nehmen. So kostet eine höhere Order etwa bei der Wüstenrot direct mehr als doppelt so viel wie eine kleinere. Auch darauf sollten Anleger achten.
Julia Groth 23.05.2018