Die Zinsen für Baugeld sind so günstig wie lange nicht.Mit Bausparverträgen können sich Sparer die Sätze langfristig sichern.Doch viele Tarife taugen nichts.Ein Vergleich zeigt jetzt, wo sich Bausparen lohnt.
Die Zinsen sind auf einem historischen Tief, doch nicht alle Immobilienbesitzer profitieren davon. Bausparer, die in den vergangenen Jahren ihren Vertrag abgeschlossen haben, und jetzt ihr Darlehen abrufen, machen aktuell ein schlechtes Geschäft. Die Kreditzinsen bei zehn Jahre alten Bausparverträgen liegen bei 4,49 Prozent.
Zum Vergleich: Baudarlehen mit zehnjähriger Zinsbindung kosten aktuell im Schnitt 3,20 Prozent bei einer Beleihung bis 80 Prozent. Für einen Kredit über 100.000 Euro würden Bausparer aktuell 8.500 Euro mehr zahlen, als mit dem Kredit der Hausbank. “Zusätzlich schlägt der Verzicht auf hohe Zinsen in der Ansparphase negativ zu Buche”, sagt Max Herbst, Inhaber der FMH Finanzberatung.
Das Pech vieler Kunden: Sie haben eine wichtige Regel des Bausparens nicht beachtet. “Bausparen lohnt sich am meisten, wenn man antizyklisch im Zinstief abschließt”, sagt Herbst. Wer sich die niedrigen Sätze langfristig sichert, kann in einigen Jahren, wenn die Baugeldsätze wieder gestiegen sind, von den niedrigen Zinsen profitieren.
Ein aufwändiger Vergleich der FMH-Finanzberatung für Handelsblatt Online zeigt jetzt, mit welchen Tarifen Kunden ihre Zinsen langfristig sichern können. Wie gut ein Darlehen ist, lässt sich nur an Hand eines Grenzzinses ermitteln. Dazu muss der Verlauf des Bausparvertrages mit einer alternativen Anspar- und Kreditvariante mittels klassischer Produkte nachgebildet werden.
Das Rechenbeispiel zeigt, welche realen Zinsen Bausparer zahlen müssen. So erhalten Kunden bei der BHW Bausparkasse beim Tarif Wohnmaxx in der Ansparphase etwa einen Zins von 0,5 Prozent. Zum Vergleich: Bei einem Banksparplan würden sie bei einer Laufzeit von zehn Jahren im Schnitt 1,76 Prozent ergattern. Bei einer monatlichen Ansparrate von 500 Euro würde der Bausparkunde inklusive Zins knapp 60.000 Euro Guthaben ansammeln.
Die Belohnung für den Renditeverzicht bringt dann der niedrige Darlehenszins von effektiv etwa drei Prozent. Wenn der Bausparer den Kredit in zehn Jahren beantragt, kann er ein Darlehen von 116.000 Euro ergattern. Für die Finanzierung, etwa wenn der alte Kredit nach zehn Jahren abgelöst werden muss, hätte der Kunde einen Betrag von 176.000 Euro zur Verfügung.
Die monatliche Rate läge bei 1.130 Euro. “Der Bausparer macht dann ein gutes Geschäft, wenn der Zins der alternativen Baufinanzierung bei mehr als vier Prozent liegen würde”, sagt Herbst. Der Grenzzins steigt auf 4,7 Prozent, wenn alternativ in der Ansparphase zehn Jahre lang der aktuell am höchsten verzinste Ansparplan der NordFinanz Bank zu 2,9 Prozent bespart würde.
Kunden müssen also kalkulieren: Wer der Meinung ist, dass der Hypothekenzins in der nächsten Dekade um mehr als 1,1 beziehungsweise 1,8 Prozent höher sein wird als heute, sollte in jedem Fall den Bausparvertrag wählen.
Bausparer sollten ihren Tarif nicht blind wählen
Die Offerte der BHW liegt im FMH-Vergleich vorne, wenn der Bausparer sich zutraut, das Bauspardarlehen innerhalb von neun bis zwölf Jahren zu tilgen. Ebenfalls gut schneiden die Tarife Finanzierer FX von Wüstenrot, Freiraum F 50 der Signal IDUNA und BS der Debeka ab. Der Grenzzins dieser Tarife liegt im Schnitt bei 4,2 Prozent.
Der Bausparabschluss wird noch attraktiver, wenn sie den Kredit innerhalb von 14 bis 18 Jahren, also relativ langsam tilgen wollen.. Dann darf der Grenzzins gegenüber dem Tarif Freiraum F50 der Signal Iduna Bausparkasse sogar nur bis 3,76 Prozent steigen. Bei der Alte Leipziger Bauspar (easy finanz niedrig), Wüstenrot (Finanzierer FX) und BHW (Wohnmaxx) läge der Grenzzins bei rund vier Prozent.
Neben der Zinssicherheit bieten Bausparverträge weitere Vorteile. In der Ansparphase können die Kunden ihre Raten flexibel erhöhen oder absenken. Wer als Verheirateter weniger als 51.200 Euro verdient, erhält staatliche Unterstützung in Form der Wohnungsbauprämie von 90 Euro pro Jahr. Eine Riesterförderung kann auch für Bausparer interessant sein.
Kunden können das Bauspardarlehen nach der klassischen Finanzierung im zweiten Rang bis 80 Prozent des Beleihungswertes nutzen. So können sie die Beleihung ihres Objekts im Idealfall absenken. Banken honorieren das gesunkene Risiko – im Falle einer Zwangsversteigerung wird zuerst die Bank und dann die Bausparkasse bedient – mit niedrigeren Zinsen.
Wenn das klassische Darlehen für den Kreditteil mit einer Beleihung von bis zu 60 Prozent läuft und der Bausparvertrag den Teil zwischen 60 und 80 Prozent bedient sinkt die Zinslast bei einem Darlehen mit einer Zinsbindung von zehn Jahren um durchschnittlich 0,1 bis 0,2 Prozentpunkte.
Wer in Zukunft auf größere Einmalzahlungen, etwa Erbschaften oder Bonuszahlungen hofft, kann mit einem Bausparvertrag profitieren. In der Rückzahlphase lässt sich das Darlehen jederzeit gratis tilgen, ohne dass eine Vorfälligkeitsentschädigung wie bei klassischem Baugeld fällig wird.
Bausparer sollten trotz mancher Vorteile ihren Tarif aber nicht blind wählen. Kunden müssen genau kalkulieren, wann sie ihr Darlehen in Anspruch nehmen möchten und die Sparraten entsprechend kalkulieren. Wer eine zu hohe Ansparsumme ausgehandelt hat, muss im Extremfall mehr als 15 Jahre warten, bis der Vertrag zuteilungsreif ist.
Viele Kunden überschätzen auch ihre finanzielle Stärke. Wenn die so genannte Tilgungsrate zu hoch vereinbart ist, drohen Raten von weit über tausend Euro pro Monat. Neben dem Bausparvertrag müssen die Kunden häufig noch ein klassisches Immobiliendarlehen bedienen. “Üblich sind Tilgungsraten zwischen vier bis acht Promille der Bausparsumme und diese Spanne zeigt, dass es sich lohnt zu vergleichen und zu kalkulieren.”, sagt Herbst. Die Verbraucherzentrale Bremen rät, keinen Bausparvertrag ohne Ansicht des konkreten Tilgungsplans abzuschließen.
Bausparer sollten zudem den Wert Ihrer Immobilien und den Kreditanteil im Blick haben. “Wenn die Beleihungsgrenze unter die Marke 80 Prozent fällt, wird die Bausparkasse die Anschlussfinanzierung verweigern”, sagt Harmut Schwarz, Baufinanzierungsexperte der Verbraucherzentrale Bremen. Schwarz berät mehrere Kunden, die deshalb ohne Darlehen dastehen.
Immobilienbesitzer können häufig nicht für den Wertverlust, etwa wenn in der Nachbarschaft eine große Straße entsteht oder ein Neubaugebiet die Aussicht verbaut. Bausparer könnten laut Schwarz nicht bei allen Verträgen die Zuteilungsreife so planen, dass sie zu ihren Finanzierungsplänen passt. “Nur wer die Risiken beim Bausparen kennt und die strikten Vorgaben einhält, kann von der langfristigen Festschreibung der Zinsen beim Bausparen profitieren”, sagt Schwarz.
Hagen, Jens
25. April 2012